Erlebnisse und Erfahrungen von Menschen unterschiedlicher Herkunft und sozialer Stellung in einer schicksalhaften Zeit dürfen nicht verloren gehen. Dieses Buch ist Ergebnis eines mehrjährigen Projekts, das zur Verlebendigung des Unterrichts führen sollte. Es war uns ein besonderes Anliegen, dasselbe Projekt diesseits und jenseits der Grenze durchzuführen. Aus den Erfahrungen der vorhergehenden Jahre konnten wir gewisse Vorbehalte auf beiden Seiten spüren. Dazu kam Anfang der 90er Jahre die brisante Situation des politischen Umbruchs in Slowenien. Eine Reihe von kleineren Vorprojekten sollte sich als nützlich und notwendig erweisen. Aber es dauerte Jahre, bis es schließlich zur Verwirklichung unserer ursprünglichen Idee kam. Der Schlüssel, der uns dann die Tür öffnete, war ein an der Schule in Kungota geplantes Ethnologieprojekt zur Erforschung der sprachlichen Eigenheiten entlang der Grenze. Der dafür entwickelte Fragenkatalog wurde dann zu unserer gemeinsamen Basis bei den Interviews mit den ZeitzeugInnen. LehrerInnen und SchülerInnen beider Schulen waren dann vor allem in ihrer Freizeit tätig, um Menschen über ihre persönlichen Erfahrungen zum Leben an der Grenze in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts zu befragen. Aussagen von 33 GrenzbewohnerInnen finden sich im Inhalt dieses Buches.

 

Um dem Bilderreichtum der regionalen Mundart gerecht zu werden, bemühten wir uns, die Aussagen in Satzbau und Aussprache möglichst originalgetreu wiederzugeben. Lokale Ausdrücke werden durch Fußnoten erklärt. Was aber die Schreibweise betrifft, so haben wir versucht, einen Mittelweg zwischen lautgetreuer Wiedergabe und Lesbarkeit zu finden. Einige Beispiele mögen das Lesen erleichtern:

 

å: a, das sich dem o nähert (håb, Våter)
ëi: e, vom i getrennt gesprochen (Ëipfl, gwëisn)
håmma: haben wir
samma: sind wir.

 

Bei der Niederschrift der Aussagen in slowenischer Sprache wollten wir von Anfang an die Echtheit der Sprache übernehmen, haben jedoch bei der Transkription der Aufnahmen die sprachlichen Unterschiede der Befragten festgestellt, denn diese waren aus verschiedenen Gebieten Sloweniens an diese Grenze gekommen.

 

Deswegen war es auch nicht möglich, die gleichen sprachlichen Merkmale dieses Gebiets festzustellen. Da uns vor allem die Lebensgeschichten / der Inhalt interessierten, haben wir die ursprüngliche Absicht aufgegeben. Die Erforschung der sprachlichen Eigenheiten diesseits und jenseits der Grenze, so unsere Meinung,
wäre ein interessantes Thema eines neuen Projekts. In der Wiedergabe, besonders aus der deutschen in die slowenische Sprache, versuchten wir wenigstens einige Sprachmerkmale der Befragten zu erhalten.

 

Das Buch ist eine getreue Niederschrift der Aussagen - eine subjektive Betrachtung einer Zeit - deshalb stehen sie manchmal auch im Gegensatz zu den tatsächlichen geschichtlichen Gegebenheiten. Mit unserem Buch wollten wir im Jahr 1995 einen Schritt in Richtung Öffnung der Grenze setzen. Nun, 13 Jahre später, haben wir eine politische Entwicklung miterlebt, die schneller als von vielen erwartet zu einer Öffnung der Grenzen in verschiedenen Regionen führte. Trotz mancher Zwiespältigkeit ist die Zusammenarbeit auf vielen Gebieten und auf vielen Ebenen selbstverständlich und sozusagen „normal“ geworden. Aus der Präsentation unseres Buches 1995 in Sulztal/Špičnik hat sich das „Fest an der Grenze“ entwickelt, dem mittlerweile 12 weitere folgten. 19 Jahre Zusammenarbeit der Partnerschulen OŠ Kungota und HS Gamlitz sind inzwischen zu verbuchen. Das Interesse von Verlagen, KünstlerInnen, HistorikerInnen und vielen Menschen, die durch Zufall auf dieses Buch stießen, das Aufliegen in mehreren Bibliotheken, und dass die Erstauflage (von 1000 Stück) längst vergriffen ist, hat uns stolz gemacht und immer wieder an eine Neuauflage denken lassen.


Natürlich wollten wir auch einiges ergänzen. Die Aussagen der ZeitzeugInnen sollten einen wissenschaftlichen „Background“ bekommen; wir suchten nach einem Historiker, der sich in seinen Arbeiten mit unserem Grenzgebiet beschäftigt und fanden ihn in Dr. Christian Promitzer. Kartenmaterial aus den angesprochenen
geschichtlich interessanten Zeiten sollten weitere Informationen bieten. Im Rahmen unserer grenzüberschreitenden Aktivitäten ergaben sich auch Kontakte zum Steirischen Volksliedwerk und ihrem Projekt „Südsteirische Feldforschung“ und schließlich eine Zusammenarbeit mit Frau Maga. Hois. Damit gibt es auch Musikmaterial aus der Grenzgegend, das von unseren InterviewpartnerInnen wohl immer wieder angesprochen worden war, aber kaum einmal als Lied zum Vortrag kam. Die heutigen technischen Möglichkeiten ermöglichten uns das „Sichern“ des Archivmaterials - der Interviews, der Fotos und Videos. Das Produzieren einer DVD und die Neuauflage des Buches sind nur möglich geworden durch die finanzielle Unterstützung durch das INTERREG-Programm der EU.

 

Edwin Fürnschuß
Manfred Grangl
Edelgard Hafner
Mirko Horvat
Milena Lozar
Ernestine Offenbacher