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Wir waren neun Kinder, von denen drei gestorben sind, als der Vater noch lebte. Nach Vaters Tod sorgte die Mutter allein für die übrigen Kinder. Die Mutter wurde Witwe nach dem Ersten Weltkrieg. Ich wurde als letztes Kind geboren. Die Mutter war sehr brav und gewissenhaft und hat, solange sie nur konnte, für uns Kinder gesorgt. Wir sind alle zu unserem Brot gekommen, jeder kam zu seinem Verdienst. Wir haben auch alle geheiratet. Die Mutter war Taglöhnerin - eine Magd, und deshalb gab es nur wenig Geld. Wir hatten nur das, was wir nötig brauchten. Wenn eines der Kinder etwas an Kleidung oder für die Schule brauchte, arbeitete sie solange, bis sie das Benötigte dazuverdiente. Als Kind war ich sehr krank. Beide Hände waren eine einzige Geschwulst. Meine Mutter brachte mich ins Krankenhaus, wo ich operiert wurde. Ich war daraufhin so erschöpft, dass ich einen Monat lang blind war. Ich konnte als Dreijährige noch nicht gehen. Jetzt hole ich das jedoch nach! Die Mutter war sehr streng. Wenn sie zur Arbeit ging, trug sie uns auf, was wir zu verrichten hatten. "Macht ihr das nicht, dann wisst ihr, was euch erwartet!" Keiner von uns lief von Haus zu Haus, um Dummheiten anzustellen. Wenn wir nicht gehorchten, bekamen wir es am Hintern zu spüren, darum haben wir lieber aufs erste Wort gehört. Das mussten wir auch notgedrungen tun, denn eine Mutter und so viele Kinder! Es gab wenig Geld und wir Kinder haben uns auch nichts gewünscht. An Feiertagen haben wir gut gegessen. An besonderes Spielzeug könnte ich mich nicht erinnern, zum Spielen blieb ohnehin keine Zeit übrig. Was mir aufgetragen wurde, musste ich durchführen. Auch von daheim durfte ich mich nicht oft entfernen, schlich ich mich jedoch heimlich davon, dann wurde ich bestraft. Ich hatte vor der Mutter soviel Respekt, dass ich keinen Widerspruch wagte. Am Abend mussten wir beten, und die Mutter lehrte es uns.

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